Interview 2: Am Anfang des Logozentrums: Die „hardware“ für die Stationäre Intensivtherapie
Erstellt am 13. August 2015
Interviewerin Frau B.:
Herr Dr. Midddeldorf, stationäre Intensivtherapie benötigt „hardware“, sowohl für die Therapie, aber natürlich auch für die Patienten. Wie haben Sie das bewerkstelligt mit dem Bau der Therapie- und Wohnräume ? Wäre das nach Ihrer Meinung auch ein Modell zur Nachahmung ?
Middeldorf :
Nun, ob unser Zentrum ein Modell für die Zukunft werden würde und ein Konzept für andere sein könnte, das hängt natürlich von sehr vielen Faktoren ab. Ihre Frage weist in eine ganz wesentliche Richtung, auf die wir anfangs schnell eine klare Antwort finden mussten, nämlich auf die Finanzierbarkeit und Finanzierung dieses neuen Projekts.
Die kalkulatorischen Berechnungen im Vorfeld der Baumaßnahmen ergaben einen Investitionsbedarf für die Errichtung des Verwaltungshauses sowie der beiden Apartmenthäuser mit insgesamt 26 Apartments in Höhe von 2,4 Mio. D-Mark.
Nach Fertigstellung der Rohbauten kam der erste Schock. Der Architekt hatte festgestellt, dass die Baukosten erheblich höher ausfielen als von ihm prognostiziert – die Baupreise waren im Laufe des vergangenen Jahres um ca. 8 % gestiegen. Das Defizit belief sich nach unseren Berechnungen bis zum Zeitpunkt der Rohbaufertigstellung auf bereits rund 200.000,- D-Mark.
Dieses Geld fehlte nicht nur bereits jetzt. Wie würden die zukünftigen Preissteigerungen – die durchaus primär auf die damalige heiße Baukonjunktur zurückzuführen waren – auch bei den Preisen für die Fertigstellung durchschlagen ?
Krisensitzung – auch mit der Deutschen Bank AG, unserem größten Geldgeber.
Die Bank hatte kein Interesse, das Logozentrum bereits im Aufbau insolvent gehen zu lassen und eine Rohbauruine vermarkten zu müssen. Sie bot eine Nachfinanzierung von bis zu 700.000 D-Mark an, aber zu erheblich höheren Zinsen.
Nun, auch wenn die Zinslast dadurch kaum noch zu stämmen war – das gab uns doch Spielraum für den Weiterbau und für konstruktive Überlegungen.
Wir alle hatten kein Interesse zu kapitulieren, denn bis zu diesem Zeitpunkt war bereits zu viel an Zeit, Ideen, Planungen und auch Geld in das Zentrum eingebracht. Der Plan, das Zentrum zum Laufen zu bringen, musste weiter verfolgt werden ! Der Weg zum Ziel wurde wegen der drohenden, weiteren Kostensteigerungen neu überdacht.
„Können Sie irgendwie Eigenleistungen erbringen im Werte von etwa 300.000 D-Mark ?“ fragte mich der Banker. „Wenn ja, dann sind Sie fast aus dem Schneider“.
Das war der rettende Gedanke !
Ich hatte vor einigen Jahren unser Privathaus mit sehr viel Eigen- (Freizeit-) Leistung und der Mithilfe anderer, nämlich meiner Frau, enger Freunde und auch der von Profis als „Bauleiter“ und als „lernender Polier“ gebaut.
Dabei habe ich alle Gewerke kennengelernt. Es erschien mir nicht unmöglich, mich für ein halbes Jahr frei zu machen, um dann mit einer kleinen Mannschaft beim Innenausbau der Zentrumsgebäude mit zu helfen und vorbereitende Arbeiten für die Profi-Handwerker zu leisten. Dadurch könnten wir mit Eigenleistung einige teure Handwerkerrechnungen reduzieren.
Wie das Ganze angehen ? Mit unserem Architekten entwickelten wir einen genauen Verlaufsplan. Dazu ließ ich mich von meinem Schuldasein ein halbes Jahr eher beurlauben – was ich ja sowieso für die ersten Jahre im Zentrum geplant hatte – und gründete eine GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) und stellte als GbR einen Elektriker, einen Installateur und einen Hilfsarbeiter ein.
Wir 4 arbeiteten uns dann unter Supervision unseres Architekten von Stockwerk zu Stockwerk in jedem Gebäude so weit vor, dass die Profis wie Installateur, Elektriker, Verputzer, Estrichleger, Schreiner, Bodenleger und Tapezierer dann ihre Anschluss- und Fertigstellungsarbeiten verrichten konnten.
Der Elektriker war ein Familienvater, der als Geselle gerade seine Arbeitsstelle verloren hatte und auf meine Anzeige sofort reagierte, der Installateur war ein Geselle, der jetzt in seinem Fachhochschulstudium ein Semester Pause eingelegt hat um Geld zu verdienen, der Hilfsarbeiter war ein exzellenter Mitarbeiter, der im soundsovielten Semester Sozialpädagogik studierte und für seine nächste große Reise Geld ansparen musste.
Ich war für die reibungslosen Arbeitsabläufe bei den einzelnen Mitarbeitern zuständig. Ich hatte Sorge zu tragen dafür, dass jeder der drei morgens um 8 seine Werkzeuge und sein Material zur Verfügung gestellt bekam und genau wusste, was er zu tun hatte.
In der Rolle des Poliers war ich einerseits für Materialbestellungen und –zulieferungen und andererseits auch für die Arbeitsabläufe am Bau zuständig. Ich selbst legte immer dort Hand an, wo diese Hand gerade benötigt wurde. Der Architekt machte seine regelmäßigen Bauaufsichten und achtete auf die aus Profi-Sicht ordentliche Ausführung aller Arbeiten.
Den gesamten Winter 1990 / 1991 über arbeiteten wir im Innern. Der Frost blieb draußen, weil die Fenster bereits eingebaut waren. Im Frühjahr 1991, als das Wetter „offen“ war, wie die Bauleute zu sagen pflegen, mussten wir uns um das Außengelände kümmern: das Baugelände einebnen, die Gehwege und die Parkflächen für die Autos anlegen, Beete für Bepflanzungen vorbereiten usw. Die drei Mitarbeiter packten auch bei diesen Außenprojekten fleißig an. Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich die unglaublich schweren Rasengittersteine mit einem Allradbagger habe immer zu den Stellen fahren müssen, an denen die Männer sie gerade verlegten.
Im Juli 1991 war ein Gebäudeblock mit 12 Apartments fix und fertig. Die Patienten und Partner konnten in die freundlich eingerichteten und funktional voll ausgestatteten Apartments einziehen.
Die Außenanlage war fast fertig. Mitte Juli 1991 reisten bei herrlichem Sommerwetter mittwochmittags 4 Patientinnen mit ihren Partnern an und bezogen die neuen Apartments.
Ich kümmerte mich von nun an um die Therapie.
In den folgenden Monaten wurde noch kräftig an dem zweiten Bauabschnitt gearbeitet. Alle Bau-Restarbeiten wurden von den Männern und den Baufirmen schließlich bis zum Oktober 1991 abgeschlossen. Mit unseren drei Bauleuten wurde das Ende unserer Zusammenarbeit gebührend und kräftig begossen.
Es war geschafft ! Ohne Unfall, ohne Verzögerungen, ohne großen Ärger mit den Handwerkern. Gott sei Dank !
Die große Eröffnungsfeier fand am 26.Oktober 1991 mit vielen Gästen aus der Fachwelt (dgs), aus der Kommunalpolitik (Bürgermeister, Gemeindedirektor), der Zeitungswelt, und aus der Gruppe meiner ehemaligen Lehrerkollegen und Schülereltern, von denen ein Vater (Dr. Schmitz) das Eröffnungsreferat hielt. Grußworte sprachen Herr Burbonus (dgs), der Bürgermeister Sax und der Gemeindedirektor Heimes.
Ein prominenter Ehrengast saß in der ersten Reihe: der ehemalige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen Herr Heinz Kühn, der in den ersten Wochen in unserem Zentrum aufgrund seiner Erkrankung bei uns als täglicher Patient weilte. Nach der Eröffnungsfeier im ehemaligen Rathaus der Gemeinde Lindlar trafen sich die Gäste noch einmal am Zentrum, um die Räumlichkeiten und die gesamte Anlage in Augenschein zu nehmen. Unsere Familien, unsere Verwandten und alle unsere Freunde waren angereist, um uns an diesem großen Tag viel Glück beim Gelingen des großen Vorhabens zu wünschen.
Das war vor 24 Jahren.
Interviewerin Frau B.:
Das muss für Sie und alle Beteiligten sicherlich ein großartiger Moment gewesen sein !? Der Beginn von etwas Neuem.
Middeldorf:
Oh ja. Nun begann die eigentliche Arbeit – die Einführung der intensiven Sprachtherapie. Wir mussten schnellstens die geplanten Marketing-Schritte gehen, denn wir wollten in den ersten drei Jahren eine konstante Belegung des Wohnparks mit 10 Patienten erreichen.
Interviewerin Frau B.:
Und wie lief es ? Haben Sie das geschafft ?
Middeldorf:
Darf ich Ihnen das zu einem anderen Zeitpunkt erzählen ?
Interviewerin Frau B.:
Ja, sehr gern, das ist spannend.
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