Effektives Restituieren des Sprechens bei Aphasie
Erstellt am 16. Januar 2020
Erfahrungen aus der intensiven Aphasie-Gruppentherapie im LogoZentrum Lindlar und Gedanken zu einem effektiven Üben eines fehlerfreien sprachlich-sprecherischen Handelns auf Satz-Ebene
von Dr. Volker Middeldorf, Lindlar
Inhaltsverzeichnis
1. Neu-Lernen bedeutet Hirn-Nerven-Wachstum
- Zur Restitution der Sprache müssen wir unsere „entfernt“ liegenden Sprach-Netzwerke triggern und darüber hinaus neue Nerven wachsen lassen
- Zur Restitution der Sprache müssen wir unsere „entfernt“ liegenden Sprach-Netzwerke triggern und darüber hinaus neue Nerven wachsen lassen
- Wir können unser Sprech-Handeln verändern
- Was passiert in diesem Moment des „fehlerfreien“ Sprechens im Gehirn ?
- Repetitives Sprech-Handeln initiiert Wachstum neuer Nervenbahnen und Nerven-Verbindungen
- Komplette Sätze „fehlerfrei“ oft sprechen, bis sich das geführte, fehlerfreie Sprech-Handeln „eingeprägt“ und neuronal verankert hat.
- Alt gegen Neu
- Suche nach lerneffizienten Medien
- „Rekonstruktion“ und „Assoziation“ – das kognitive Wirkprinzip der LogoMedien®
- Plädoyer für den Einsatz polimodaler Arbeitsmittel mit videobewegten Geschehnissen in der Aphasietherapie
- Interesse-weckendes, polimodales Material regt multisensorisches Lernen an
- Sprachkompetenzen spielen beim Neu-Lernen des Sprechens eine
Rolle - Die Lesekompetenz der aphasisch Betroffenen nutzen !
- Das „Vorlesen“ bedeutet neuropädagogisch die Umwandlung der
Schrift in Lautsprache. - Aphasisch betroffene Personen lernen anders als vor dem Ereignis
- Hohe Frequenz des Lernens
- Der Einstieg in das „neue“ Sprechen – Vom PmL-S zum fehlerfreien Sprech-Handeln
- Das Viertel-Stunde-Üben mit Struktur wird zur vollwertigen Lernphase
- Übung ist nicht gleich Übung – es gibt vier Übungs-Formate
- Inhalte eines „geordneten Übens“ können sein:
- Neu gelernte Sprach- und Sprechhandlungen müssen gespeichert und ins Langzeitgedächtnis transferiert werden.
- Geordnetes Üben macht die Aphasie-Therapie effektiver und effizienter
- Schluss – Effizientes Sprache- und Sprechen-Lernen resultiert aus aphasietherapeutischem Lernen mit hoher Lerndichte.
Literatur
1. Neu-Lernen bedeutet Hirn-Nerven-Wachstum
Ich werde immer wieder von aphasisch Betroffenen nach Schlaganfall gefragt, „was da im Gehirn passiert ist und was jetzt da abläuft, wenn sie Sprachtherapie bekommen.“
Ich beschreibe ihnen folgendes thesenartig:
„Hier hat der Schlaganfall ein Loch in das Sprach-Netzwerk geschlagen (linkshirnig). D.h., durch Sauerstoffmangel sind in diesem „neuronalen Loch“ die vorher hier verlaufenden Hirn-Nervenbahnen abgestorben. Dieses Hirn-Areal ist „tot“, hier gibt es kein Nachwachsen von Nerven-Zellen mehr.
Das Verschwinden der dortigen Sprach-Nervenbahnen wirkt sich funktional so aus, dass in diesem neuronalen Loch nun keine elektrobiochemischen Impulse mehr schießen. Das hat die mehr oder weniger starken Abrufstörungen auf dem Gebiet der Sprache und des Sprechens zur Folge.
Bei vielen aphasisch Betroffenen klappt es mit dem Sprechen nicht mehr. Mit großer Furcht fragen sie, ob das so bleiben wird.
Die neuropathologische Beurteilung ist eher negativ, weil „tote“ Nervenzellen nicht wieder „gesund“ werden können.
Dagegen führt die neuropädagogische Sicht zu einer positiveren Betrachtung des Szenarios: Man schätzt, dass wir nur rund 30 % – 40 % des gesamten Leistungs-Potenzials unseres Gehirns nutzen. Das würde bedeuten, dass 60 – 70 % der Gehirn-Kapazität als „Reserve“ irgendwie zur Verfügung stünden.
Die Neurowissenschaften sprechen von Plastizität des Gehirns, was so viel bedeutet wie Wachstums- und Lernfähigkeit des Gehirns.
Alltagserfahrungen zeigen, dass auch aphasisch betroffene Menschen bestimmte Handlungen neu lernen können. Diese Beobachtungen belegen die Plastizitäts-These. Offenbar ist – selbst nach einem Schlaganfall – noch viel Platz in den gesunden Arealen des Gehirns vorhanden.
Das Gehirn ist ein sich selbst organisierendes Organ, was seine Hirn-Nerven gesund und in ihrer Funktionalität auf dem Laufenden hält. In ihm finden bei Bedarf auch Nerven-Neuwachstumsprozesse statt.
Das geschieht immer dann, wenn dem Gehirn Aufträge erteilt werden oder wenn es sich selbst den Auftrag gibt, spezielle Aufgaben mit Blick auf ein bestimmtes Ziel hin gelöst zu bekommen.
Wenn das Gehirn (mit anderen Worten: der Mensch) erkennt, dass die ihm zur Verfügung stehenden Instrumente zur Aufgabenlösung nicht bekannt sind oder dass sie ihm fehlen, dann sucht das „ehrgeizige“ Gehirn nach Auswegen und nach neuen Instrumenten, um die Aufgabe lösen zu können. Dazu sammelt er neue Erfahrungen und lernt dabei.
Es lernt Neues hinzu. Wir wissen, dass das Gehirn dafür neue Hirn-Nerven wachsen lässt.
Neu-Lernen bedeutet Hirn-Nerven-Wachstum.
2. Zur Restitution der Sprache müssen wir unsere „entfernt“ liegenden Sprach-Netzwerke triggern und darüber hinaus neue Nerven wachsen lassen
Interessierte Patientinnen und Patienten erwarten als aphasisch Betroffene mit Recht Antworten auf Fragen wie: Was kann ich denn dagegen tun, dass ich beim Sprechen-Wollen immer wieder diese Blockaden erlebe und mir dabei nichts einfällt, wie ich die Blockade überwinden kann ?
Als Therapeut versuche ich ihnen den Ansatz des synchron-multisensorischen und memorierenden Lernens von Sätzen (PmL-S; multisensorisch: gleichzeitig visuell, auditiv und verstehend Sprach-Stimuli wahrnehmen, verarbeiten, memorieren) zu skizzieren.
„Unser gemeinsames Bemühen in unserer Aphasie-Gruppensitzung ist, zu fehlerfreien Sprecherlebnissen zu kommen. Und wenn wir das gemeinsam erreichen und Sie tatsächlich fehlerfreies Sprechen erleben, dann stellen wir zwei Dinge als Fakten fest:
Sie beweisen 1., dass Sie die Sprechfähigkeit nicht in Gänze verloren haben, dass da also in Ihrem Gehirn irgendwelche Fähigkeiten vorhanden sind, mit denen Sie unter bestimmten Bedingungen offensichtlich und tatsächlich fehlerfrei sprechen können.
Und 2. erkennen wir, dass durch ein systematisches Stimulieren des Gehirns wie mit dem PmL-S ein fehlerfreies Sprechen trotz der Aphasie erreichbar ist.
Offensichtlich ist, dass jeder von Ihnen in dieser Gruppensitzung bei mehr oder weniger Hilfestellung durch mich es tatsächlich schafft, die erarbeiteten Sätze – zunächst recht langsam im ganzen Satz sprechend– aber insgesamt weitestgehend fehlerfrei zu sprechen.
Daran erkennen wir, dass Sie trotz der Aphasie das fehlerfreie Sprech-Handeln prinzipiell „irgendwo herholen.“
Irgendwelche Sprech-Funktionen sind irgendwo im Gehirn verortet, die Sie durch Bewusstsein, zielgerichtete Konzentration auf Fehlerfreiheit und externe (therapeutische) Unterstützung gebündelt nun zum Ausdruck bringen.
Durch jetzt fehlerfreies Sprech-Handeln umgehen Sie das Gebiet des neuronalen Lochs.
Wir richten unsere Lern-Anstrengungen in unseren Gruppensitzungen stets in Richtung „fehlerfreies Sprechen“ aus. Wir gehen nach den Prinzipien des PmL-S-Lernens vor.
Kurz: Wir lassen uns einen Satz zu einer Video-Szene vorsprechen, während wir ihn auch mitlesen, ich nenne dieses Mitlesen Scannen. Wir machen uns den Sinn des Satzes an Hand des Video-Clips deutlich, hören uns den Satz so oft an, bis wir meinen, ihn nachsprechen zu können. Dann sprechen wir ihn gemeinsam, wobei ich sprechkorrigierende Hinweise gebe.
Das Entscheidende bei diesem Vorgehen ist, dass Sie sich – mit dem Sprachklang im Kopf – von mir beim Sprechen leiten lassen und dabei konzentriert darauf achten, dass Sie Ihr eigenes Sprech-Handeln an das gegebene Sprech-Modell annähern.
Und das klappt ! Sie wundern sich darüber, Sie freuen sich und fragen sich gleichzeitig ein wenig zweifelnd: Wieso konnte ich jetzt gerade genau so sprechen wie ich es sollte ?
3. Wir können unser Sprech-Handeln verändern
Wieso klappte es jetzt, fehlerfrei zu sprechen, wo ich doch sonst viel „Unsinn“ spreche und viele Fehler mache ?
Vor jedem fehlerfreien Sprecherlebnis haben wir für das korrekte Sprechen Vorbereitungen getroffen. Ohne die klappt es nicht.
Die Vorbereitungen sehen so aus, dass wir den polimodal präsentierten Satz oftmalig multisensorisch mit allen Sinnen gleichzeitig wahrnehmen und geistig verarbeiten. Dabei ist ein intensives Bestreben, den Satz zunächst im Kopf zu behalten.
Das ist nichts anderes als ein konzentriertes, waches Wahrnehmen und geistiges und emotionales Verarbeiten des Sprachklangs und des Schriftbildes dieses Satzes, wobei wir gleichzeitig unseren Fokus auf den Satz-Inhalt richten.
Da läuft dann ganz viel in Ihrem Kopf ab: Sie hören den Satz, sehen Video-Geschehnisse dazu, Sie verstehen den Sinn des Satzes, Sie sehen das Gesprochene geschrieben, Sie erinnern sich an die Schrift, Sie lauschen, wie die geschriebenen Wörter gesprochen klingen, Sie verfolgen die Buchstaben und Wörter daraufhin, wie das Gehörte geschrieben ist.
Diese kognitiven Vorgänge lassen Sie pro Video-Szene oft mindestens 10 – 15 Mal im Kopf ablaufen. Dabei verfolgen Sie das Ziel, diesen Satz unbedingt im Gedächtnis zu behalten.
Sie sagen sich: „Diesen Satz zu diesem Video-Clip behälst Du im Kopf. Diesen Satz darfst Du jetzt nicht mehr vergessen.“
Mit diesem festen Willen gelingt es den meisten, den Satz zu speichern, dann mit mir zusammen und mit meinen individuellen Hilfen beim Individual-Sprechen weitestgehend modellgetreu und fehlerfrei mitzusprechen und schließlich beim Unisono-Sprechen den Satz dann erstaunlich gut modellgetreu zu sprechen.
Dieses „Vorspiel für fehlerfreies Sprechhandeln“ setzt sich zusammen aus der hochfrequent-multisensorischen Wahrnehmung und Verarbeitung eines polimodal präsentierten Satzes mit einem oftmaligen Hören, oftmaligen Lesen und oftmaligen Verstehen dieses Satzes.
Damit leiten Sie Veränderungen des Sprechhandelns ein.
4. Was passiert in diesem Moment des „fehlerfreien“ Sprechens im Gehirn ?
In diesem Moment kommen solche Nervenbahnen in gesunden Hirnarealen ins Spiel, die wir soeben durch die oben beschriebenen Vorbereitungen sensibilisiert und durch die „geführten“, fehlervermeidenden bzw. fehlerfreien „neuen“ Sprechbewegungen getriggert haben.
Für ein „fehlerfreies“ Sprechen müssen also neuronale Impulse mobilisiert werden, die sich zu einem neuen Zusammenspiel zusammenfinden.
Bildlich beschrieben: Für dieses „fehlerfreie Sprechen“ sammelt das Gehirn in den zur Verfügung stehenden Sprach-Netzwerken die brauchbaren elektrobiochemischen Impulse zu einem Zusammenspiel zusammen. Für dieses Zusammen-Sammeln benötigt das Gehirn interne Konzentration, größte Aufmerksamkeit und das Aktivitäts-Ziel: „neues Sprechhandeln“.
Bei jedem Durchgang des „fehlerfreien Sprech-Handelns“ schießen dann durch die „dafür neu gefundenen Nerven“ unentwegt die elektrobiochemischen Impulse.
Anders ausgedrückt:
Mit diesem hochfrequent-polimodal-multisenorischen „Vorspiel“ leiten Sie bei sich ein „neues Sprech-Handlungs-Muster“ ein, was in unserer Sprech-Therapie dann konsequent durch oftmaliges Anwenden in ein gesichertes, geläufigeres neues Sprech-Handeln überführt wird.
In den anschließenden Anwendungs- und Wiederholungstrainings (z.B. auf PmL-S-Basis) wird dann für ein nachhaltiges Vertiefen des „neuen Sprechhandlungs-musters“ gesorgt.
5. Repetitives Sprech-Handeln initiiert Wachstum neuer Nervenbahnen und Nerven-Verbindungen
Bei oftmaligem polimodal-multisenorischen Präsentieren der Sätze beihoher Konzentration und dem festen Bestreben, diesen Satz innerlich zu „behalten“, ihn nicht zu vergessen und unbedingt im Kopf zu behalten, entsteht ein Bild von einem Muster eines fehlerfreien Sprech-Handelns, ein Sprech-Modell, an dem sich nun alles weitere Sprech-Handeln zu orientieren hat.
Oftmalig wiederholtes Realisieren dieses Handlungs-Modells setzt Nervenbahnen gleichermaßen oft unter Beschuss. Oftmaliges Beschießen der Nervenbahnen führt zu Wachstumsprozesse in den Netzwerken.
6. Komplette Sätze „fehlerfrei“ oft sprechen, bis sich das geführte, fehlerfreie Sprech-Handeln „eingeprägt“ und neuronal verankert hat.
Die Frage, wie es therapeutisch langfristig dann weitergehen muss, lässt sich neuropädagogisch kurz so beantworten:
Sie sollten hochfrequent und repetitiv in kompletten Sätzen das „fehlerfreie Sprech-Handeln“ – auch variiert mit steigenden Anforderungen – so oft durchführen, bis Sie sich das bisher geführte, fehlerfreie Sprech-Handlungs-Schema „eingeprägt“, also neuronal verankert haben und Sie die erarbeiteten Sätze fehlerfrei sprechen können, am besten ohne externe Hilfe.
Um dahin zu kommen sollten Sie das zu übende fehlerfreie Sprech-Handlungs-Muster konsequent so massiert und unzählige Male wiederholen, bis Sie es „flüssig“ realisieren können. Dann wirkt es für andere „geläufig“. Sie erleben diese „flüssige“ Sprech-Handlungen zunehmend als „leicht“, als fast schon „automatisch“, als „sicher“.
7. Alt gegen Neu
Damit in Zukunft das pathologische, blockierte Spontansprechmuster nicht mehr in Erscheinung treten muss, bauen Sie neben das „kranke“ Sprechen ein „neues Sprech-Muster“ auf, was Sie dann als „Ersatz“ für das unerwünschte, gestörte, „alte“ Sprechen immer häufiger anwenden sollten.
Wenn danach Ihre Sprech-Sicherheit wächst und Sie bestimmte Sätze zunehmend fehlerfrei sprechen können, dann findet das seine Ursache darin – neuropädagogisch betrachtet –, dass Sie Ihre sprecherischen Aktivitätenpotenziale aus dem geschädigten Netzwerk weg und hin zu gesunden Netzwerken verlagern und über „neue“ Sprechmöglichkeiten verfügen.
Die werden immer sicherer durch wiederholtes Training.
8. Suche nach lerneffizienten Medien
Auf der Suche nach effektiven und „lebendigen“ Lern-Mitteln zur Verbesserung des Sprechens stößt man heute noch mancher Orts auf rein monomodale Angebote (z.B. rein schriftliche Texte zum Lesen oder Foto-Karten zum Benennen des Abgebildeten), die aphasisch Betroffene zwar zu ganz bestimmtem Sprach-Handeln wie Lesen oder Begriffs-Zuordnungen animieren können, zum selbstständigen und fehlerfreien Sprechen jedoch kaum Anleitungen geben.
An anderer Stelle findet man bimodale Medien wie Abbildungen von Objekten mit schriftlicher Kennzeichnung oder schriftliche Texte, die vorgelesen werden (z.B. in Google oder in Hörbüchern) oder Apps (z.B. Neolexon®), die das Benennen hörbar machen, mit denen man das Sprechen zwar auf Wortebene anregen kann, wo aber das Sätze-Sprechen nicht systematisch angegangen wird.
Auf der Suche nach den günstigsten, effektivsten und „lebendigsten“ Therapie-Verfahren, die das Sprechen in Sätzen stimulieren können, stößt man u.a. auf das therapeutische Verfahren CIAT, was sich durch oftmaliges Sprechen vorgegebener Aussagen (Repetitionen) in Dialogsituationen auszeichnet und die Sprech-kompetenzen der aphasisch Betroffenen erweitert.
CIAT fordert zu bestimmtem Sprachhandeln in einem vorgegebenen, geordneten und personalen Kontext auf (z.B. in einer Gruppentherapie). Durch hochfrequent-repetitives Vorgehen steigert dieses therapeutische Verfahren die Sprechaktivitäten der Teilnehmer und erweitert in Folge der Übungen die Ausdrucksmöglichkeiten der aphasisch betroffenen Übenden (Krüger,S., Breunig, V., Werner, R. (2009) Die CIAT im klinischen Alltag – Ergebnisse und Erfahrungen. FORUM Logopädie, 6 (23) 20 – 25)
Das entscheidende neuropädagogische Kriterium für die Wirksamkeit von CIAT ist die Häufigkeit der Wiederholung der neu gelernten Sprechhandlungen. CIAT liefert aufgrund der hochfrequenten Repetitionen der Aussagen gute Impulse für die Erweiterung von Sprach- und Sprechkompetenz, im dialogischen Kontext, mit einer anderen Person oder mit mehreren.
Für ein selbstständiges Üben außerhalb professionell-therapeutischer Interventionen (zum Eigenüben zu Hause) sind solche Lern- und Übungsmedien erforderlich, die es der aphasisch betroffenen Person ermöglichen, ein neues Sprech-Handeln zu lernen.
Als geeignet zeigen sich die polimodalen Medien, die meist Handlungen in Video-Format präsentieren und die zu sehenden Handlungen gesprochen und geschrieben beschreiben.
Besonders lerneffizient sind Medien, die polimodal designt und darüber hinaus übungs- und lerndidaktisch strukturiert sind.
Das sind die LogoMedien®. Deren spezieller Programmaufbau führt die Sprechen-Übenden durch diverse Lernschritte (Route Wahrnehmen, Route Fragen, Route Lückentext), die im jeweilig beiliegenden Handbuch verständlich erläutert und beschrieben werden.
Die Übungs-Programme der LogoMedien® sind technisch problemlos von den Übenden selbst zu handhaben und können so oft wie gewünscht durchgearbeitet werden.
Polimodales Design und übungs- und lerndidaktische Struktur der LogoMedien® sind die Basis für autodidaktische Lernen der Sprache und des Sprechens.
9. „Rekonstruktion“ und „Assoziation“ – das kognitive Wirkprinzip der LogoMedien®
In den LogoMedien® werden die Sprach-Inhalte in mindestens drei Modalitäten, in manchen auch in vier sprachlichen Darstellungs-Modalitäten durch gleichzeitiges Aufrufen und Zeigen desselben sprachlichen Inhalts (gesprochener (gehörter) Sprachinhalt, geschriebener (gelesener) Sprachinhalt und Zeigen der Szenen-Handlung) präsentiert.
Im Falle der 4-Modalitäten-Präsentation kommt das sprecherisch-artikulatorische Modell dazu (Vormachen).
Durch die polimodale Präsentation kann der Anwender den sprachlichen Inhalt zusammenhängend zunehmend selbstständig (re-) konstruieren (erinnern) und auch assoziieren (neu lernen).
Dabei gleicht er, dem assoziativen Lernprinzip folgend, die zeitgleich wahrgenommenen Informationen miteinander ab, d.h., er sucht und erkennt bzw. erinnert die Inhaltsgleichheit des Gesprochenen und Geschriebenen (Affinität) und merkt sich diese im Laufe der Übungswiederholungen (Assoziieren).
Bei jedem Rekonstruieren und Assoziieren sprachlicher Inhaltsbeziehungen verzahnen sich Erinnern, Verstehen und Speichern.
Diese kognitiven Sprachverarbeitungsprozesse greifen dabei auf intakte neuronale Sprach-Netzwerkverbindungen und auf vorhandene Inventare zurück und bauen zum Zweck der Ziel-Handlung “konzentriertes Verstehen- und Behalten-Wollen“ auch neue Nervenbahnen sowie – geleitet von strategischen Überlegungen zum besseren Behalten (Eselsbrücken-Phänomen) – neuronale Verbindungen zwischen existierenden Kompetenzen, die bisher in Alltagskommunikation wenig miteinander kooperiert haben.
Mit Hilfe der polimodalen Präsentation der Sprachinhalte erhalten die Übenden Gelegenheit, die affinen Informationen selbständig und ohne weitere Hilfe miteinander zu verknüpfen und durch wiederholtes Durcharbeiten (repetitives Lernen) sich einzuprägen (memorierendes Lernen).
10. Plädoyer für den Einsatz polimodaler Arbeitsmittel mit videobewegten Geschehnissen in der Aphasie-Therapie
Seit längerem ist bekannt,
- dass Bilder als Objektreferenzen in der Aphasietherapie als „unverzichtbare“ Bestandteile der Therapiearbeit gelten (Lutz, Luise; Das Schweigen verstehen. Heidelberg, Springer, 2010),
- dass farbige Bilder den Wortabruf bei Aphasiepatienten verbessern [Mohr E.. Farbige Bilder verbessern den Wortabruf bei Aphasiepatienten. Forum Logopädie 28 (6) (2014), 6-13.],
- dass sich in den Logopädischen Praxen heute vorhandenes Therapiematerial meist auf Bilder von Objekten und weniger auf bewegte Abbildungen für Verb-Abbildungen stützt [Schweiger, Lea, Sollereder S., Eine Studie zum Einsatz für den lexikalischen Abruf von Verben, Forum Logopädie Heft 2 (32) März 2018, S.14-18],
- dass Sätze, die durch Video-Handlungen visualisierte Tätigkeiten beschreiben, recht schnell verstanden werden. [Schweiger, Lea, Sollereder S., ebda): „Videosequenzen stellen nicht nur eine ansprechende und aufgeschlossene Gebrauchsform dar, sondern ermöglichen, die logopädische Therapie auch vertiefend auf kognitions- und neurowissenschaftlichen Grundlagen aufzubauen. Die Theorie des „embodiments” bzw. der „embodied cognition” (Verkörperung oder Verleiblichung) postuliert, dass unsere kognitiven Prozesse tief in den sensomotorischen Wahrnehmungs- und Interpretationsprozessen unseres Körpers begründet und verhaftet sind. Dies hat zur Folge, dass die Beobachtung oder eigene Ausführung von Bewegungen auch die jeweiligen verbalen Handlungen unterstützen (Varela et al. 1991, Marangolo et al. 2012).“,
- dass seit Jahrzehnten intensiv-aphasie-therapeutische Beobachtungen (Lindlar, 1991 – 2019) zu der Erkenntnis führen, dass aphasisch Betroffene zu „lebendigen“ Video-Handlungen die dazu nicht-passenden Sätze überwiegend sicher identifizieren können,
- dass aphasisch Betroffene in der Lage sind, überwiegend sicher die dazu nicht-passenden von dazu passenden Versprachlichungen (Sätzen) zu trennen und in Auswahlaufgaben zu zeigen, welcher Satz auf das Geschehnis passt,
- dass polimodal-multisensorische Wahrnehmung und Speicherung von Sätzen zu visualisierten, bewegten Handlungen neuronale Interaktionen zwischen gesunden sprachrelevanten Netzwerken im Großhirn triggern, die Bewegung, Gestik und Sprachproduktion beinhalten und
- dass „Forschungen zeigen, dass allein das Beobachten von Handlungen ausreicht, um das motorische Areal im Cortex und somit weitergehend die Sprachnetzwerke zu aktivieren.“ [Schweiger, Lea, Sollereder S., ebda)],
- dass die Sprech-Handlungs-Präsentationen in den LogoMedien® (Mund- und Artikulations-Bewegungsmodelle) als motorische Stimulatoren dienen, die sprachliche und sprecherische Aktivitäts-Impulse setzen und den Übenden stets aufs Neue Sprech-Anlässe geben,
- dass gegenüber dem therapeutischen Einsatz von Bildern der Einsatz von Videos bei allen aphasischen Menschen signifikante Verbesserungen in der Benennleistung von Verben gebracht werden. Die in der zitierten Studie eruierten positiven Ergebnisse können m.E. direkt auf Satz-Sprechleistungen übertragen werden. (Schweiger, Lea und Sollereder S., ebda, zitieren eine Studie von Bonifazi et al. (2013), in der eine PatientINNengruppe während der Erhebungen mit Videosequenzen anstatt mit Bildmaterial therapiert wurde),
- dass es gesichert ist, dass die Versprachlichung inhaltsbezogener Sätze zu in Videos sichtbaren Geschehnissen das lexikalische Inventar triggert und sprachklangliches Inventar aktiviert,
- dass sprachbezogene Kenntnisse, Erfahrungen im Umgang und Gebrauch der Sprache und emotionale Aspekte eines Geschehnisses mit (auch prämorbider) Sprache verknüpft sind und dass dadurch bei Betrachtung eines Geschehnisses „schlummernde“ Potenziale im Betrachter assoziativ getriggert werden,
- dass deshalb „bewegte Bilder“ aus der „erlebten Welt“ (Erinnerungen, Erfahrungen mit z.B. bestimmten Objekten) für die Initiierung sprecherischer und sprachlicher Handlungen besonders wertvoll sind.
11. Interesse-weckendes, polimodales Material regt multisensorisches Lernen an
Das Erinnern und Abrufen von Sprache ist stets mit dem Aufrufen assoziativer Verbindungen verbunden.
Beispiel: Gehörte Sprachklänge sind mit der Sprechmotorik eng verknüpft, ein gehörter Vokal /o/ triggert z.B. bei vielen die Artikulations-Bewegung zur O-Bildung. So auch das gesehene Graphem /O/.
Aphasisch Betroffene sollten in sprachtherapeutischen Lernprozessen stets mit geschehnis-zeigenden Video-Szenen und unterlegter Sprache (gesprochen und geschrieben) konfrontiert werden, damit diese polimodale Präsentation nicht nur sprachlich-assoziatives Sich-Erinnern einleiten sondern auch neue kognitive Impulse setzen kann.
Das „Wachrufen“ von Sprach- und Sprech-Kompetenzen verleiht geistigen Verarbeitungsprozessen neuen Gestaltungs-Raum. Das sollte sich am besten immer am persönlichen Interesse der aphasisch betroffenen Person orientieren.
Interesse erzeugt Neugierde sowie intrinsische Lern- und Übungsmotivation, die sich im Laufe der ergebnisreichen therapeutischen Arbeit aufgrund der Erfolgserlebnisse steigern.
Zu beobachten ist, dass in jeder meiner aphasie-gruppentherapeutischen Sitzungen das Erarbeiten des „fehlerfreien Sprecherlebnisses“ unter Einsatz der Logovids® (Logopädisches Video aus dem Hause LogoMedien®) dem Bedürfnis der aphasisch betroffenen Personen sehr entgegenkommt.
Vermutlich sind dafür zwei Faktoren entscheidend: einerseits ist es der Wunsch der meisten aphasisch Betroffenen, „fehlerfrei sprechen zu können“ und zweitens stellt das Medium Logovid® ein passendes, erwachsengemäß strukturiertes Lern- und Übungsmedium dar, was gern zum privaten Üben mitgenommen wird.
DieLogoMedien®zählen zu den Medien, die das Sprech-Handeln befördern und zum fehlerfreien, „normgerechten“ Sprechen führen. Sie sind zur Zeit im deutschsprachigen Raum die einzigen aphasie-therapeutisch basierten polimodalen Sprach- und Sprech-Programme mit wissenschaftlich geprüfter Evidenz und einer reichhaltigen Lern- und Übungs-Programmatik.
Sie sind polimodal, sie besitzen eine neuropädagogisch-lerndidaktische Struktur und eignen sich für ein oft wiederholbares, zeitlich unbegrenztes Üben.
Da in der professionellen Sprachtherapie wenig Raum und Zeit zum Üben existiert, andererseits ein solides Üben für spürbare Fortschritte aber dringend notwendig ist, bieten sich die LogoMedien® für privates, selbstständiges Eigen-Üben außerhalb der Therapiezeiten zu Hause an, wann immer die Übenden es möchten.
12. Sprachkompetenzen spielen beim Neu-Lernen des Sprechens eine Rolle
Bei den aphasisch Betroffenen treten Unfähigkeiten und sprachliche Hilflosigkeit beim Sprechen prominent in Erscheinung. Die sprachlichen „Defekte“ sind meist schon beim ersten Kontakt mit der aphasisch betroffenen Person wahrnehmbar, was in der Sprachtherapie möglichst effizient beseitigt werden soll.
Die therapeutische Herangehensweise an die Aphasie sollte zwei Stoßrichtungen aufweisen: Das ist
- einerseits der gezielte Abbau der Defizite durch Aufbau (Neu-Lernen) von Neu-Fähigkeiten und andererseits
- die Triggerung (Stimulierung, Aktivierung) der unzweifelhaft vorhandenen Sprach-Kompetenzen, die bei jedem aphasisch betroffenen Menschen vorzufinden sind.
Die Sprach-Kompetenzen verbergen sich im Hintergrund der intakten Sprach-Netzwerke. .Aktivierbar werden sie dadurch, dass wir den aphasisch Betroffenen das PmL-S-Lernen (polimodal-multisensorisches Lernen von Sätzen) anbieten.
Wir gehen davon aus, dass Sprachkompetenzen im ganzen Großhirn verortet sind, links wie rechts, die bis zum Zeitpunkt vor der Hirnschädigung mit den alltäglichen Sprach- und Sprechaktionen zwar direkt u.U. wenig zu tun hatten und daher eher selten primär zum Sprachgebrauch befeuert wurden, aber bei jedem Sprach- und Sprechhandeln doch begleitend mit beteiligt waren.
Das sind im Langzeitgedächtnis gespeicherte, mit Sprache assoziierte Informationen, wie z.B. das „Sprachgedächtnis“ oder die beim Sprechen mitwirkende „Musikalität“ oder das „motorische Empfinden“ (Kinästhetik) beim Sprechen oder bestimmte „Sprach- und Sprech-Eigenarten“ oder die „gemachten Erfahrungen“ im Umgang mit Sprache und Sprechen in allen Lebenssituationen“ usw..
Unter Sprachkompetenzen subsummieren wir auch vorhandenes Wissen im Zusammenhang mit Sprache und mit Sprache und Sprechen gekoppelte Emotionen sowie erinnerbare Bilder usw.
All diese sprach- und sprech-assoziierten Informationen, die sich im Langzeitgedächtnis befinden, sind für die Restituierung des Sprechens von enormer Bedeutung, denn sie bereichern die Neu-Lernprozesse und beschleunigen diese.
Wenn wir in der Gruppe fehlerfreies Sprech-Handeln initiieren, dann greift jede aphasisch betroffene Person auf Wissen und Erfahrung zurück, die sie im Laufe ihres bisherigen Lebens erworben hat.
Stimuliert durch äußere Impulse (z.B. durch therapeutisches Vormachen) beginnt die aphasische Person im Rahmen unseres Vorhabens „neues und fehlerfreies Sprech-Handeln“ nach mehreren Wahrnehmungen und Verarbeitungen der Stimuli, das erwünschte Verhalten zu performen.
13. Die Lesekompetenz der aphasisch Betroffenen nutzen !
Vor dem Hintergrund, dass die meisten aphasisch Betroffenen im Grundschulalter das Lesen gelernt haben und im Laufe ihres weiteren Lebens zu Schnell-Lesern geworden sind und das Vorlesen vielfach praktiziert haben, ist neuropädagogisch davon auszugehen, dass in Sachen Schriftsprache und Lesen trotz der Hirnschädigung erhebliche Lese-Kompetenzen (Wissen um die Schrift, Erfahrungen mit dem Lesen, Kenntnis von der Sprechbarkeit der Schrift, …) im Gehirn verortet sind.
Aufgrund der pathologischen Situation im Zusammenhang mit dem „neuronalen Loch“ ist momentan für manchen aphasisch betroffenen Menschen das Lesen funktionell so stark verunmöglicht (Rest-Lesefähigkeit; Alexie), dass man als externer Beobachter schnell zu dem Schluss kommen kann, dass die lese-unfähigen, aphasischen Personen das Lesen von Grund auf neu lernen müssten (etwa wie beim Erst-Lesen-Lernen), um ihre Lesefähigkeit wieder zu gewinnen.
Wir können beobachten, dass aphasisch Betroffene, die früher „Schnell- und Viel-Leser“ waren, bei hoher Präsentationsdichte von Schrift-Bild- und Sprach-Klang-Verbindungen ihre Konversionsprozesse (Schriftbild in Klangbild und Klangbild in Schriftbild umwandeln) triggern.
Patienten berichten, dass sie durch dieses dichte Präsentiert-Bekommen von Schrift und Lautsprache in den logopädischen Videos, den Logovids®, durchaus Prozesse des „Aufwachens“ beim Lesen spüren.
Bei hoher Präsentationsdichte von Schrift-Bild und Sprach-Klang steht nicht das Buchstabe-für-Buchstabe-Lesen der aphasisch Betroffenen im Vordergrund, sondern das Scannen (das Überfliegen) der Schrift, während sie den „Klängen der Schrift“ lauschen.
Wenn aphasisch Betroffene durch Scannen (Blick über die Schrift schweifen lassen) Schrift ganzheitlich visuell erfassen und gleichzeitig deren lautsprachliche Untermalung in Kombination mit den visualisierten Satz-Inhalten (Video-Geschehnis) wahrnehmen, dann werden bei diesem Scannen Erinnerungs-Prozesse in Gang gesetzt. Sie erinnern sich schwach daran, wie diese geschriebenen Wörter: „Die Frau frühstückt an Deck. Sie spricht mit einer Person.“ gesprochen klingen. Sie hören und scannen das mehrere Male.
Bei wiederholt aufmerksamem Suchen von ehemals bekannten Verbindungen zwischen gesprochenem Wort und geschriebenem Wort wird der übenden Person von Mal zu Mal einiges klarer. Sie erinnert sich zunehmend.
Das Triggern von Lesekompetenzen durch das Scannen „gehörter“ Schrift kann auch Sprechbewegungen initiieren.
Das zeigt sich z.B. in der Tatsache, dass trotz neurofunktioneller „Sprech-Handlungs-Blockaden“ (z.B. bei Sprech-Apraxie) aphasisch Betroffene nach wiederholtem Hören eines Satzes diesen dann „auf den Vokalen“ (mit Fokus auf den Vokalklang und mit bewusst auslassender Beachtung der Konsonanten) weitestgehend klangkonform wiedergeben können. Beispielsweise tendieren sprechapraktische Personen beim Sehen und Hören eines „runden“ Graphems /O/ zu einer Mund- und Lippenformung zur „runden“ O-Laut-Bildung.
14. Das „Vorlesen“ bedeutet neuropädagogisch die Umwandlung der Schrift in Lautsprache.
Da wir davon auszugehen haben, dass die aphasisch Betroffenen aufgrund ihrer Lese- Erfahrung über „schlummernde Potenziale“ (Kompetenzen) verfügen, darf keine Möglichkeit unversucht bleiben, Konversionsprozesse zu triggern. Schrift in Lautsprache umzuwandeln, also das Vorlesen zu erarbeitenist generell ein sinnvoller und bedeutender Lern-Schritt auf dem Weg zum Aufbau und zur Restituierung des Sprechens.
In aufeinanderfolgenden Therapie-Prozessen zum fehlerfreien Sprechen stellt das Vor-Lesen eine wesentliche Lern- und Übungsplattform dar.
15. Aphasisch betroffene Personen lernen anders als vor dem Ereignis
Aphasisch betroffene Personen lernen anders (mit eingeschränkten Kapazitäten) als vor der Hirnschädigung.
Der Verlust an Lernkapazität und Lernleistung ist dem „neuronalen Loch“ geschuldet. Bei jeder aphasisch betroffenen Person ist ein individueller Fähigkeits-Verlust zu erkennen.
Mit kompliziertester Diagnostik kann recht exakt defizitorientiert herausgearbeitet werden, was genau an Fähigkeit verloren gegangen ist.
Andererseits sollte die Ermittlung von „verborgenen“ Fähigkeiten ebenso exakt durchgeführt werden, weil es in einem restitutions-orientierten Vorgehen wichtig ist zu wissen,
– von welcher vorhandenen Fähigkeit aus man auf das fehlerfreie Sprechen zusteuern
kann und
– welches therapeutische Verfahren oder welches Medium in der Lage ist, auf dieser
Fähigkeit aufbauend weiterführende Lernprozesse auf dem Weg zum fehlerfreien
Sprechen zu generieren.
Jedes sprachtherapeutische Medium sollte dahingehend helfen, dass es flankierend sprachliche Lernprozesse anregt und unterstützt und der aphasisch betroffenen Person Lernimpulse dafür gibt, dass sie ihr neu gelerntes Sprech-Handeln im Sinne therapeutischer Nachhaltigkeit sicher einprägen kann.
Die effizienten LogoMedien® beinhalten therapeutisch-basierte Didaktik. Der strukturierte Aufbau hilft wegweisend der aphasisch betroffenen Person bei ihrem selbstständigen Lernen.
16. Hohe Frequenz des Lernens
In zahlreichen Veröffentlichungen wird die hohe Frequenz in der Aphasie-Therapie (z.B. Flächenstudie FCET2EC-Studie 2017; Pulvermüller und Mitarbeiter 2001; Grötzbach 2004 „Constraint-Induced Aphasia Therapy“ (CIAT); Breitenstein / Baumgärtner 2003) als Wirkfaktor Nr. 1 in der Aphasie-Behandlung charakterisiert.
Diesen und anderen Studien zur Effektivität aphasietherapeutischer Ansätze und deren Kombinationen liegen vorwiegend Untersuchungsprogramme im Rahmen hochfrequenter Sitzungsaufkommen pro Tag zu Grunde.
In der Wissenschaft herrscht Konsens darüber, dass größte Therapie- und Langzeiteffekte in der Aphasie-Therapie durch große Intensität der Therapie, d.h. durch große Häufigkeit von Lernprozessen hervorgerufen werden.
Deshalb sollte bei jeder Aphasie-Therapie der Intensivierung des Lernens besondere Beachtung geschenkt und Überlegungen angestellt werden, wie eine Steigerung der Lernprozess-Anzahlen sowohl innerhalb der professionellen Therapie als auch privat zu Hause zu erreichen sind.
Und genau das tun all die aphasisch Betroffenen, die über die professionelle Therapie hinaus in zahlreichen privaten Übungs-Sitzungen ihre Lern-Frequenzdurch Übungen mit dem Logovid® steigern und so ihre Lern-Effizienz erhöhen.
17. Der Einstieg in das „neue“ Sprechen – Vom PmL-S zum fehlerfreien Sprech-Handeln
Belegt ist, dass die polimodale Präsentation von Handlungen in Video-Sequenzen bei gleichzeitigem Vorsprechen / Vorlesen der handlungsbeschreibenden Sätze das selbstständige Memorieren und das fehlerreduzierte Sprechen dieser Sätze möglich macht. (2006; Middeldorf,V., Müller,M., Teuber,M.:Therapie-Studie im LogoZentrum Lindlar; (2014, Das PmL-S-Lernen (Middeldorf, www.logozentrumlindlar.de).
Belegt ist auch, dass das polimodale Präsentieren von Handlungen in Video-Sequenzen, bei gleichzeitigem Vorsprechen / Vorlesen der handlungsbe-schreibenden Sätze, ein besseres Verständnis des Satzes generiert als es mit monomodale Medien erreicht werden kann.
Belegt ist, dass aphasisch betroffene Menschen nach hochfrequentem PmL-S-Memorieren polimodal dargebotener Sätzediese Sätze weitestgehend fehlerfrei sprechen können (Middeldorf, Teuber: PmL-Studie 2010; unter www.logozentrumlindlar.de).
Eine bedeutende Erkenntnis ist, dass das therapeutisch geführte, fehlerfreie Satz-Sprechen (nach dem PmL-S-Prinzip) für die aphasisch betroffenen Personen der Einstieg und die Voraussetzung werden kann für das Neu-Lernen des fehlerfreien Eigen- bzw. Spontansprechens. Selbst aphasisch schwerst betroffene Menschen schaffen ein nahezu fehlerfreies Sprechen von vorher memorierten Sätzen.
In intensiv-therapeutischen Projekten (im LogoZentrum Lindlar 2006 – 2014) konnten wir feststellen, dass für viele aphasisch betroffene Personen ein hochfrequentes Memorieren von polimodal präsentierten Sätzen mit Hilfe des Logovids® ein sehr geeignetes didaktisches Mittel zum Einstieg in die Restitution des Sprechens ist.
Darüber hinaus ist zu erkennen, dass hochfrequent-repetitives, fehlerfreies Sprechhandeln (oftmalig fehlerfreies Satzsprechen) eine effektive neuropädagogische Methode ist, die dazu anregt, fehlerfreies Sprechhandeln neuropädagogisch erfolgreich funktionell einzuüben und für den dialogischen Gebrauch (z.B. für Gespräche) alltagstauglich zu machen.
18. Das Viertel-Stunde-Üben mit Struktur wird zur vollwertigen Lernphase
Alle aphasisch Betroffenen erwarten von der professionellen Sprachtherapie effektiv helfende und deutlich Sprache restituierende Wirkung. (Middeldorf, V. 2017, Kolumne in Forum Logopädie 11/2016); Grötzbach, H. (2015) Evidenzbasierte Aphasietherapie. Sprachtherapie aktuell: Schwerpunktthema: Aus der Praxis für die Praxis; Schneider, B., Wehmeyer, M. & Grötzbach, H. (2012). Aphasie. Wege aus dem Sprachdschungel. Heidelberg:Springer)
Die erwünschte Wirkung kann aufgrund der traditionell üblichen 1-2-Wochensitzungs-Therapie der Ambulanz nur höchst selten bis kaum erreicht werden. (z.B. Heck, N. (2017). Interaktion des sprachlichen und des motorischen Systems. Forum Logopädie 31 (4), 18-23).
Aus langjähriger, intensivtherapeutischer Erfahrung empfehle ich jedem aphasisch betroffenen und lernmotivierten Menschen, sich an den Tagen ohne Sprachtherapie mindestens einmal täglich eine viertel Stunde lang nach dem Motto: Selbst ist die Frau bzw. selbst ist der Mann hinzusetzen und hoch konzentriert und lernwirksam Sprechen zu üben.
Denn Fakt ist, dass zusätzlich geordnetes Üben die Effizienz der Sprachtherapie insgesamt erhöht und dass ambitionierte aphasisch Betroffene neben den Therapie-Verpflichtungen über viel zeitlichen Raum verfügen, um sich täglich zusätzlich in Viertel-Stunden-Übungen mit dem „neuen Sprechen“ zu beschäftigen.
Jede konzentriert durchgeführte geordnete Übung wirkt positiv auf das therapeutische Lernen ein. Das „geordnete Üben“ hat eine bestimmte Struktur, die das Üben zu einer vollwertigen Lernphase werden lässt.
Als Einführung in die Thematik Selbstständiges Üben empfehle ich den Artikel: Privates, häusliches Üben in der Aphasie-Therapie; Ist privates, häusliches Üben in der Aphasie-Therapie sinnvoll ?, den Sie unter www.logozentrumlindlar.de/Neues/Seminare finden.
19. Übung ist nicht gleich Übung – es gibt vier Übungs-Formate:
– Das erste Übungsformat ist das intuitive, spontane und ungeplante Üben, wovon ich
abraten möchte, da es sehr schnell unerwünschte Übungs-Effekte nach sich zieht.
– Das zweite Übungsformat ist das geordnete Üben mit oder ohne ÜbungspartnerIN, was
geplant, konstant und kontrolliert abläuft, was ich allen Übungs-Interessierten ans Herz
legen möchte.
– Das dritte Übungsformat ist die Partner-Übung, die Interaktion zwischen betroffener Person und PartnerIN mit dem Ziel des Könnens-Zuwachses. Die Partner-Übung möchte ich unter der Voraussetzung empfehlen, dass beide Übungspartner es menschlich gut miteinander können und beide die Prinzipien des geordneten Übens kennen und beachten.
– Das vierte Übungsformat ist die Eigen-Übung (autodidaktisch, allein, ohne Übungs-partnerIN; mit bzw. ohne bestimmte/n Übungs-Medien). Die Eigen-Übung empfehle ich, wenn keine ÜbungspartnerINNEN zur Verfügung stehen oder wenn bei der übenden Person die Vorliebe im Vordergrund steht, allein zu üben. In diesen Fällen sollte aber von Zeit zu Zeit eine kompetente Person die Übungsfortschritte „kontrollieren“.
20. Inhalte eines „geordneten Übens“ können sein:
Zunächst sollten Sie das stabilisieren und absichern, was Sie in den letzten und in den davor stattgefundenen Therapie-Sitzungen erarbeitet haben.
Dazu führen Sie die von den SprachtherapeutINNen aufgegebenen „Hausaufgaben“ konsequent durch. Damit das gut gelingt, bitten Sie um verständliche und eindeutige Handlungs-Anweisungen für Ihre Hausaufgaben und klare Zielvorgaben.
Wenn solche Hausaufgaben nicht aufgegeben wurden und Sie privat in Eigenregie Übungen durchführen wollen, dann sind folgende Übungs-Inhalte ratsam:
Sprach-Klang-Übungen: Da der deutsche Sprech- und Sprachklang allen Muttersprachlern von Kind auf bekannt ist und weil die drei Sprech-Konstituenten Artikulation (Laut-Bildung), Stimmproduktion und Sprech-Dynamik bei fast jedem aphasisch betroffenen Menschen beeinträchtigt erscheinen, (was ich auch bei Ihnen vermute) sollten Sie sich primär den Sprachklang eines Satzes immer wieder und regelmäßig zu Gehör bringen.
Dazu ist empfehlenswert, regelmäßig zu Beginn einer jeden Übungs-Sitzung neuropädagogisch ausgerichtete auditorische Funktion-Trainings durchzuführen (z.B. Wörter bzw. kurze Sätze hören und wiedergeben; Nachsprechen).
Bei ca. 80% aller aphasisch Betroffenen ist die Leistung des Arbeitsspeichers (des auditiven Kurzzeitspeichers)geschwächt, d.h. sie vergessen sehr schnell, was sie soeben gehört haben und können das oft nur unvollständig wiedergeben.
Im Rahmen intensivtherapeutischer Aphasie-Gruppen-Übungen (im LogoZentrum Lindlar) gelingen die Nachsprechleistungen zunehmend besser, wenn vor dem eigentlichen Gruppen-Geschehen ca. fünf mal ein Satz als input vorgesprochen und dieser dann nach 1-3 Sekunden Pause wiedergegeben werden soll (im Sinne eines Wahrnehmungs- und Speichertrainings).
Auch wenn eine bestimmte sprachliche Ziel-Handlung, hier das „fehlerfreie Sprech-Handeln eines vorgegebenen Satzes“ weitestgehend fehlerfrei realisiert werden kann, sollte weiterhin konsequent mitlaufend ein oftmaliges Training der auditiven Wahrnehmung und Speicherung des Gehörten durchgeführt werden (Vorgesprochene Sätze hören und speichern und nach kurzer Pause wiedergeben)
Das oftmalig wiederkehrende und hochkonzentrierte Sprache-Wahrnehmen, Sprache-Speichern und Sprache-Wiedergeben kann gut im zweiten und dritten Übungsformat (s.o.) mit Übungs-PartnerIN durchgeführt und geübt werden.
Die Übenden sollten stets darauf achten, dass sie jede Übungs-Sequenz mit einem fehlerfreien Sprecherergebnis beenden.
21. Neu gelernte Sprach- und Sprechhandlungen müssen gespeichert und ins Langzeitgedächtnis transferiert werden.
Einerseits dient das hochfrequente, täglich und über Wochen durchgeführte Üben dazu, neu gelernte Sprach- und Sprechhandlungen notwendigerweise „auswendig“ zu lernen.
Zu beobachten ist, dass hochfrequentes Üben des fehlerfreien Sprechens und das Auswendig-Lernen von Sätzen Sprachkompetenzen triggern und langfristig auf vorhandene Kompetenzen und gelernte Fähigkeiten von früher (aus prämorbider Zeit) zurückgreifen.
Um diese Kompetenzen aus dem „Schlummer-Modus“ heraus zu holen und mit Hilfe der später wachgerüttelten Kompetenzen dann das neue Sprech-Handeln zu erlernen, empfehle ich grundlegend fördernde Übungen mit den polimodalen Lern- und Übungsmedien von LogoMedien® durchzuführen.
Konkrete Hinweise und Tipps zu Übungsdurchführungen können den Handbüchern entnommen werden, die jedem LogoMedien®-Produkt beiliegen.
Als Grundsatz gilt:
Versuchen Sie immer wieder beim Hinhören auf den Satz und beim gleichzeitigen Scannen des geschriebenen Satzes den Satz zu verstehen und als Satz zu speichern und zu behalten. Nehmen Sie mit allen Sinnen auf.
Die Präsentation der Szene mit der unterlegten Sprache ist für Sie so gemacht, dass Sie zunächst auf Ihrem „starken“ Kanal den Satz aufnehmen und verarbeiten können. Bei dem Einen der Übenden ist das Lesen-Können / das Scann-Vermögen ausgeprägter vorhanden, bei der anderen Person das Nachsprech-Vermögen, während das Lesen völlig gestört ist.
Durch die oftmalige, zeitgleiche multisensorische Wahrnehmung und kognitive Verarbeitung des gehörten und zu lesenden Satzes lösen Sie diverse Assoziations- und Erinnerungsprozesse aus, die Ihnen den Klang, die Schrift und die Bedeutung des Satzes näherbringen. Das Sprechen wird dadurch „leichter“.
Eine hohe Wiederholungs-Frequenz fördert die neuropädagogische Neu-Memorierung. D.h., wenn Sie das zigmal durchführen, dann initiieren Sie im Gehirn Nervenwachstum und Sie beschießen vorhandene Nerven, um dieses neue Geschehen zu speichern.
Durch oftmaliges, aber fehlerfreies Wiederholen erreichen Sie, dass Sie diese Sprech-Handlungen fehlerfrei in anderen, gesunden Hirnarealen neu eintragen und durch oft wiederholte Ausführungen dort neuronal verankern.
In Übungen stellt zur Zeit dieses Konzept der polimodalen Präsentation und des hochfrequent-multisensorischen Verarbeitens der Sätze mit Hilfe der LogoMedien® für das Memorieren und neuronale Verankern von fehlerfreien Sprech-Handlungen das wirkungsvollste neuropädagogische Vorgehen zur Memorierung von Sprache dar.
In therapeutischen Langzeit-Projekten ist zu beobachten, dass dieses Verfahren des Vorgehens für kognitives Verarbeiten und konzentriertes Speichern von Sätzen beim Arbeiten mit komplexeren Texten auch eine positive Wirkung ausübt auf die Restitution von neuro-psychischen Leistungen wie Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeitsspanne, Ausdauer und anderen neuropsychischen Leistungen.
22. Geordnetes Üben macht die Aphasie-Therapie effektiver und effizienter
Zusätzliches Üben, was organisiert und geordnet abläuft, macht die Aphasie-Therapie effektiver und effizienter. Um das zu erreichen, sollten einige weitere Regeln beachtet werden. Geordnetes Üben sollte Ziele haben und bestimmten Durchführungs-Regeln unterliegen.Wir unterscheiden Global-Ziel (Fernziel), Funktions-Ziel (Welches Handeln /
welches Können (genau beschrieben) soll in einer gewissen Zeit erreicht sein ?)
und Micro-Ziel (Was soll in dieser Übungs-Sitzung erreicht werden ?) Übungsmotivierte aphasisch Betroffene sollten über eine lange Zeit mit hoher Übungsfrequenz (empfohlen 2x 15 Minuten täglich) durchhalten. Sie sollten regelmäßig bereits gekonntes ebenso wie noch nicht gut gekonntes Sprach-Handeln (regelmäßiges Repetieren) üben und die Anforderungen an die eigenen sprachlichen Fähigkeiten kontinuierlich steigern („shaping“). Den Übenden wird empfohlen, solche Aufgabenstellungen zu bevorzugen, die Freude bereiten und motivieren, sich damit zu beschäftigen (Kontext-Sensitivität sensu Grötzbach), Wenn die Übenden Intensität und Anzahl der externen Hilfsmaßnahmen reduzieren, weil z.B. weniger Lautierungs- oder Anlauthilfen erforderlich sind, dann zeigt das auch die Steigerung des Selbstständigkeitsgrad in den Übungen. Idealerweise sollten die Übenden Übungsmaterial oder Übungsmethoden verwenden, die von aphasische Betroffenen ohne Schwierigkeit weitestgehend selbstständig benutzt werden können.Die Übungsmaterialien / Übungsmethoden sollten von anderer Seite bereits erprobt und näher beschrieben worden sein und sich als weitestgehend evidenzbasiert herausgestellt haben.Ablauf, Inhaltsauswahl und Organisation der Übungen sollten so gestaltet
sein, dass sie die Übungsmotivation der übenden Person aufrechterhalten
und steigern – das Üben sollte Erfolgsgefühle generieren und Spaß machen.Im Falle von Übungen im Lesen benötigen die aphasisch betroffenen Personen grundsätzlich mehrmodale und hochfrequente Präsentationen des zu lesenden Textes (Häufig wiederholtes Vorgesprochen- / Vorgelesen-Bekommen eines Wortes / eines Satzes / eines Textabschnittes.) Wenn Lese-Übungen durchgeführt werden, dann triggert die polimodale Präsentation die Lese-Kompetenz und versucht, bestehende Assoziationen zwischen Schrift und Lautsprache in Erinnerung zu rufen (Konversions-Prozesse). Polimodale Präsentation einer gesehenen Handlung und des dazu gesprochenen und geschriebenen Satzes (z.B. Die Autos fahren über die Kreuzung, über die Brücke, über die Gleise) dient der Triggerung des Sprachgefühls, der Satzbildungskompetenz und der Sprech-Initiative; diese Präsentation kann wiederholt längerzeitig über mehrere Stunden geschehen, bis der Satz fehlerfrei gesprochen wird. Während der Übungssitzung sollte viel Wert auf den Klang einer Aussage
gelegt werden, es sollte nicht synthetisierend abgelesen sondern ganzheitlich-scannend überflogen werden und an den gehörten Sprachklang des gelesenen Wortes / Satzes / Textes erinnert werden. Zur Restitution der Gesprächs-Kompetenz wird empfohlen, einen Satz als Aussage zu einem Geschehen neu zu lernen, dann sich selbst die Frage nach dem Subjekt, dem Verb und dem Objekt zu stellen: Wer hat das und das
gemacht ? Dann fragen Sie nach dem Verb: Was macht die Person ?
Schließlich fragen Sie nach dem Objekt / der Objektergänzung.
Bei diesen Übungen sollten sich die Übenden die Struktur des Frage-Antwort-Dialogs bewusst machen.
23. Schluss – Effizientes Sprache- und Sprechen-Lernen resultiert aus aphasie-therapeutischem Lernen mit hoher Lerndichte.
In der Literatur zur Aphasie-Therapie gibt es zum Themenschwerpunkt „Sprechen bei Aphasie“ keine nennenswerten Veröffentlichungen. Die hier gemachten Ausführungen basieren einerseits auf Kenntnissen aus grundlagenwissenschaftlichen Veröffentlichungen und anderseits aus langjähriger intensiv-therapiepraktischer Erfahrung, die ich sowohl in einzeltherapeutischen Sitzungen und in 2-Patienten-Sitzungen als auch in gruppen-therapeutischer Arbeit mit aphasisch betroffenen Patientinnen und Patienten gewonnen habe. Diese erfahrungsbasierten Darlegungen reflektieren praktisch-empirische Beobachtungsergebnisse innerhalb intensiv-sprachtherapeutischer Kontexte. Intensität, landläufig als hohe Sitzungsfrequenz verkürzt verstanden, ist mehr als das. Neben quantitativer Intensität, als Anzahl von Therapie-Sitzungen verstanden,
versteht sich Intensität unter qualitativem Blickwinkel als gehäufte Anzahl von wirksamen Lern-Prozessen / Maßnahmen. Wir kombinieren Quantität und Qualität: Intensität ist die Summe der evidenzbasierten aphasietherapeutisch-intensiven Lernprozesse bei großer Lern-Dichte, die eine aphasische Person erfährt. Hohe Lern-Dichte entsteht durch oftmaliges, geordnetes Lernen in einer hohen
Anzahl an wöchentlichen, professionellen Therapie-Terminen kombiniert mit hoher Anzahl privater, wirksamer Übungs-Maßnahmen. Schluss Intensität in der Aphasie-Therapie resultiert aus hoher Qualität des Lernens. Dazu ist planvolles, geordnetes und hochfrequentes Erarbeiten eines neuen Sprech-Handelns und oftmalige Triggerung sprech-sprachlicher Kompetenzen – in einem repetitiven Format – ebenso erforderlich wie das strikte Beachten der Evidenz im Lernprozess.
Literatur
- Caterina Breitenstein; Annette Baumgärtner: Wie wirksam ist intensive integrative Sprachtherapie nach einem Schlaganfall ? Zum Studienprojekt
- FCET2EC (Uni Münster; 2016) Sprachtherapie aktuell: Forschung –
- Wissen -Transfer (2017-06) Krüger,S., Breunig, V., Werner, R., Die CIAT im klinischen Alltag – Ergebnisse und
- Erfahrungen. FORUM Logopädie, 6 (23) 20 – 25) (2009) Middeldorf, V, Wohin steuerst Du, Aphasietherapie ?, Kolumne in Forum
- LOGOPÄDIE 11/2016 Middeldorf, V, Müller,M., Teuber, M.:Therapie-Studie im LogoZentrum Lindlar,
- www.logozentrumlindlar.de; (2006) Middeldorf, V, Die 5 Säulen des übenden Sprache-Lernens,
- www.logozentrumlindlar/Neues (2018) Middeldorf, V, Das PmL-S-Lernen www.logozentrumlindlar.de. (2014) Mohr E. Farbige Bilder verbessern den Wortabruf bei Aphasiepatienten.
- Forum Logopädie 28 (6) 6-13. (2014), Grötzbach, H. Evidenzbasierte Aphasietherapie. Sprachtherapie aktuell:
- Schwerpunktthema: Aus der Praxis für die Praxis; (2015) Schneider, B., Wehmeyer, M. & Grötzbach, H. (2012). Aphasie. Wege aus dem
- Sprachdschungel. Heidelberg: Springer) Heck, N. Interaktion des sprachlichen und des motorischen Systems. Forum
- Logopädie 31 (4), 18-23; (2017) Lutz, Luise Das Schweigen verstehen. Heidelberg, Springer (2010) Schweiger, Lea, Sollereder S., Eine Studie zum Einsatz für den lexikalischen Abruf
- von Verben, Forum Logopädie Heft 2 (32), S.14-18, März 2018
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