Interview 16: Was bedeutet für Sie Sprache ?
Erstellt am 16. September 2015
Interviewerin Frau B.:
Herr Dr. Middeldorf, was ich Sie immer schon mal fragen wollte ist, was bedeutet für Sie Sprache ?
Middeldorf:
Sprache ist das System der kultürlich-interpersonellen Verständigung. Die Sprache beherrschen und verstehen, Sprache sprechen, lesen und schreiben – all das macht im weitesten Sinne uns Menschen aus.
Mit Sprache – gesprochen und geschrieben – beschreiben wir die Welt, in der wir leben. Durch Hören unserer Sprache und Lesen der Schriften eröffnen wir uns die Welt, in der wir leben, in Kultur und Wissenschaft, in sozialen Gruppen, in Kunst und Sport, in der Welt der Arbeit, usw.
Mit unserer Sprache beeinflussen wir das Denken, Fühlen und Handeln anderer Menschen, durch Sprache werden wir im Denken, Fühlen und Handeln beeinflusst.
Sprechen und Schreiben sind die Instrumente, die uns Menschen ermöglichen, unsere Gedanken und Empfindungen zu „veröffentlichen“, also diese anderen Menschen näher zu bringen und nachvollziehbar zu machen.
So werden Gedankenaustausche mündlich z.B. in Gesprächen und schriftlich z.B. in Form von Briefen möglich.
Sprache gebrauchen können heißt Teilhaben am kommunikativen Leben innerhalb unserer sprachlichen und gesellschaftlichen Gemeinschaft.
Interviewerin Frau B.:
Und was ist die Konsequenz, wenn die Sprache gestört ist ?
Middeldorf:
Wem der Erwerb der Sprache erschwert ist, dem muss geholfen werden, in die sprachliche Welt hinein zu wachsen.
Wer die Sprache verloren hat, dem muss geholfen werden, in die Welt mit Sprache zurück zu finden.
Wer im Gebrauch der Sprache Normabweichungen bzw. Auffälligkeiten zeigt, dem muss dabei geholfen werden, diese abzubauen, wenn er möchte.
Jeder Mensch ist lernfähig. Ob jung, ob alt.
Weil das so ist, sollte niemand den Mut verlieren und erst recht nicht an seiner sprachlichen Lernfähigkeit zweifeln.
Es gibt große berechtigte Hoffnung auf erfolgreiches therapeutisches Lernen der Sprache, des Sprechens, des Lesens, des Schreibens und des Sprache-Verstehens.
Die entscheidenste Voraussetzung für den sprachtherapeutischen Erfolg sind Motivation und Wille – die können bekanntlich Berge versetzen.
Und das in enger und engagierter Zusammenarbeit mit unseren SprachtherapeutINNen.
Ich wünsche jedem Betroffenen und auch den Angehörigen die große Freude, die alle erleben, wenn sie den Erwerb, die Verbesserung und den Wiedererwerb ihrer sprachlichen Fähigkeiten spüren und die neuen Kompetenzen in die Kommunikation mit der Welt transferieren.
Interviewerin Frau B.:
Herr Dr. Middeldorf, ich hatte einen Klassenkameraden, der stotterte. Ich wüsste gern mehr darüber. Ich würde mich freuen, wenn Sie mir in unserem nächsten Gespräch darüber berichten würden.
Middeldorf:
Gern.
Comments are currently closed.